Geplant war ein Interview mit Donnie Maclurcan, Gründungsmitglied und Strategischer Leiter des internationalen Post Growth Institute, über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Postwachstums- und der Donut-Ökonomie. Doch dann kam alles ganz anders. Und am Schluss hatten wir trotzdem eine Antwort auf unsere Frage.
Ein Erfahrungsbericht von Karin, Myriam und Corinne
«In unserer Organisation haben wir gelernt, wie wichtig es ist, dass wir uns als Menschen erst einmal kennenlernen und uns näherkommen, bevor wir uns auch über Theorien und schwierige Fragestellungen austauschen können”, eröffnet Donnie das Gespräch. «Also erzählt doch mal, what matters in your life?» Wir sind überrascht und geben dann reihum persönliche Einblicke in unser Leben, die wir zuvor noch nie untereinander ausgetauscht hatten: Vom Entdecken neuer Welten beim Tauchen in Korallenriffen, über das Wunder der Entstehung eines neuen Blattes an einer Zimmerpflanze bis zum bereichernden Erlebnis des Mutterseins. Und Donnie lässt uns teilhaben an seiner ganz persönlichen Passion, A-Cappella-Musik komponieren!
Auf der Basis dieser geteilten Einblicke beginnt nun ein Gespräch darüber, was uns zu unserem Engagement für das Post Growth Institute bzw. für das Swiss Donut Economics Network bewogen hat.
Foto: A-Cappella-Hörprobe auf Donnie’s Smartphone
Zusammenhänge emotional statt analytisch erfassen
Donnie meint, dass es viel wichtiger sei, dass die Menschen in einer Organisation Motivation und Interesse mitbringen als Fachkompetenzen. «Denn das ist es, was uns zusammenhält», ist er überzeugt. «Und nur wenn sich die Menschen Zeit lassen und aufeinander eingehen, können wir vorwärtskommen und unsere Ziele erreichen. Wenn wir das einer kurzfristigen Effizienz unterordnen, werden wir längerfristig implodieren. «Das gilt ganz besonders für Organisationen», ist Donnie’s Rat. Und weiter: «Theorien dürfen wir nicht nur analytisch angehen, wir müssen sie auch emotional erfassen». Wir versuchen es nun im Gespräch zu schwierigen Fragen, etwa, wie umzugehen sei mit einer globalen Wirtschaftsordnung, die auf Gewinne durch Kredit und Schulden ausgerichtet ist, ob ein universelles Grundeinkommen innerhalb eines kapitalistischen Wirtschaftssystems zielführend sein kann, oder warum das Konzept der Donut-Ökonomie sich wachstums-agnostisch gibt? Donnie hat zu jedem Bereich klare Standpunkte. Und gleichzeitig stellt er immer wieder die Frage «wie fühlt sich das an?». Beim Zuhören sind wir hin- und hergerissen zwischen Zustimmung und kritischen Gedanken. Die grosse Komplexität der Zusammenhänge ist herausfordernd und wir fühlen aufkeimende Ungeduld und Unwohlsein.
Die Gegenwart hat Ecken – die Zukunft ist rund
Plötzlich sagt Donnie «lasst uns ein Zeichenspiel machen!». Er bittet um ein Blatt Papier, dreht uns den Rücken zu, und zeichnet etwas. Dann sollen wir jede auf einem Blatt eine vertikale Mittellinie ziehen, oben rechts «Zukunft» vermerken und oben links «Gegenwart». Und Donnie stellt uns folgende Aufgabe: «Stellt euch vor, Ihr lebt in einem Umfeld, das euch zufrieden und glücklich macht. Wie würde dieses Umfeld aussehen?» und weiter: «Vertieft euch in dieses Bild und in dieses Gefühl, nehmt den Stift und zeichnet oben rechts ein Symbol dazu, ohne den Stift abzusetzen.» Gesagt, getan. «Und jetzt vertieft euch in die aktuelle Situation, in der wir leben, und zeichnet oben links ein Symbol dazu, wieder ohne den Stift abzusetzen». Auch dazu brauchen wir nicht lange, und neugierig erwarten wir den Moment des Austauschs unserer «Werke». Und welche Überraschung! Sie ähneln sich! Und erst recht staunen wir, als Donnie sein Blatt hervorholt: in der rechten Spalte lauter runde, verbindende Formen; in der linken Spalte sperrige, eckige Formen und Linien.
Donnie erläutert, dass dieses Ergebnis seine Spielerfahrung mit tausenden unterschiedlichen Menschen in diversen Lebenssituationen auf der ganzen Welt wiederspiegelt: ausnahmslos alle assoziieren eine positive Zukunft mit harmonischen, runden, nicht-linearen Formen, während die Gegenwart durch eckige, lineare Formen symbolisiert wird. Was das bedeutet? «nicht-linear, rund, kreisförmig, verbunden und verbindend - that’s the divine system!», erklärt Donnie. Da wollen wir hin! Und dann trifft uns unerwartet die Erkenntnis: die Form des Donut passt perfekt!
Foto: Zeichenspiel