Der Donut -
ein Süssgebäck als Wirtschaftsmodell?
Der Donut -
Ein Süssgebäck als Wirtschaftsmodell?
Unser Wirtschaftssystem beruht auf Theorien und Modellen aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Auf ihrer Basis ist die Wirtschaft in einigen Teilen der Welt stark gewachsen und zahlreiche Menschen sind zu beträchtlichem Wohlstand gelangt. Im 21. Jahrhundert zeigen sich nun aber auch zunehmend negative Folgen: die wachsende Wirtschaft sorgt nicht automatisch dafür, dass alle Menschen langfristig ein besseres Leben führen. Reichtum ist weiterhin sehr ungleich verteilt und gesellschaftliche Spannungen nehmen zu. Gleichzeitig zerstört das aktuelle Wirtschaftssystem unsere ökologischen Lebensgrundlagen.
Was dabei häufig vergessen geht: unser Wirtschaftssystem ist nicht naturgegeben! Wir haben es geschaffen und wir können es verändern! Es ist Zeit für eine neue, zukunftsfähige Wirtschaft mit dem Ziel, allen ein gutes Leben zu ermöglichen – im Einklang mit unserer Umwelt.
Ökologische Grenzen sind bereits überschritten
Fast vierzig Jahre nach der Veröffentlichung des Berichts Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome (1972) haben Wissenschaftler:innen rund um den Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaftler Johan Rockström am Stockholm Resilience Centre 2009 das Konzept der planetaren Belastungsgrenzen entwickelt, um den besorgniserregenden Einfluss des Menschen auf unser Ökosystem aufzuzeigen. Für neun ökologische Teilbereiche sind quantitative Belastungsgrenzen definiert, die wir nicht überschreiten dürfen, um eine lebenswerte und zukunftsfähige Umwelt zu erhalten. Heute sind weltweit bei 6 dieser 9 Teilbereiche die Limiten bereits überschritten und bedrohen damit die Basis des menschlichen Lebens.
Auch soziale Grundbedürfnisse berücksichtigen
Um diese fatale Entwicklung zu stoppen, braucht es grundlegenden Wandel. Im Zentrum steht dabei unser aktuelles Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das auf unbegrenztem Wachstum und einem enormen Ressourcenverbrauch beruht und gewaltige Emissionen verursacht. Vor dem Hintergrund der Klima- und Biodiversitätskrise kann die Wirtschaft nicht mehr als abgekapseltes System betrachtet werden, sondern muss wieder stärker im Einklang mit der Umwelt funktionieren.
Ökologische Leitplanken allein genügen jedoch nicht. Dies hat die britische Ökonomin Kate Raworth erkannt. Eine zukunftsfähige Wirtschaft muss sich nicht nur an den planetaren Grenzen orientieren, sondern gleichzeitig menschliche Grundbedürfnisse berücksichtigen. Nur so erscheint «ein gutes Leben für alle innerhalb der planetaren Grenzen» möglich.
Les limites écologiques sont dépassées
Presque quarante ans après la publication du rapport Les limites à la Croissance du Club de Rome (1972), des scientifiques réunis autour de Johan Rockström, spécialiste de l'environnement et du développement durable au Stockholm Resilience Centre, ont développé en 2009 le concept des limites planétaires afin de mettre en évidence l'influence inquiétante de l'homme sur notre écosystème. Des limites quantitatives à ne pas dépasser sont définies pour neuf secteurs écologiques afin de préserver un environnement vivable et durable. Aujourd'hui, les limites dans 6 de ces 9 secteurs sont déjà dépassées, menaçant ainsi les bases de la vie humaine.
Prendre en compte les besoins sociaux fondamentaux
Pour mettre fin à cette évolution néfaste, des changements fondamentaux sont nécessaires. Au cœur de ce changement se trouve notre système économique et social actuel, qui repose sur une croissance illimitée et une consommation de ressources colossale, et qui génère d'énormes émissions. Dans le contexte de la crise du climat et de la biodiversité, l'économie ne peut plus être considérée comme un système isolé, mais doit à nouveau fonctionner davantage en équilibre avec l'environnement.
Toutefois, des garde-fous écologiques ne suffisent pas. C'est ce qu'a reconnu l'économiste britannique Kate Raworth. Une économie durable ne doit pas seulement s'orienter vers les limites planétaires, mais aussi prendre en compte les besoins humains fondamentaux. Seulement ainsi une "bonne vie pour tou.te.s dans les limites planétaires" semble possible.
Einfach und verständlich
Das Bild einer zukunftsfähigen Wirtschaft fasst Kate Raworth einfach und verständlich dargestellt in ihrem Donut-Modell zusammen: Der äussere Kreis bildet die ökologische Limite. Sie besteht aus den neun Dimensionen der planetaren Belastungsgrenzen. Wird der negative Einfluss des Menschen in diesen Teilbereichen zu gross, gerät unser Ökosystem aus dem Gleichgewicht.
Der innere Kreis bezeichnet das gesellschaftliche Fundament. Er beinhaltet 12 Dimensionen und bildet das Netz der sozialen Mindestanforderungen. Hier finden sich grundlegende Bedürfnisse wie etwa Wohnen, Nahrung, Gesundheit oder Energie, aber auch Bildung und Gesundheit sowie Frieden, politische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit.
Bildlich gesprochen ist das Ziel, in den Bereich dazwischen, also «in den Donut» zu gelangen. Das ist der Raum, in dem Menschen im Einklang mit der Umwelt sicher und gerecht leben können.
Eine zukunftsfähige Wirtschaft dient der Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse (social foundation) unter Berücksichtigung der planetaren Grenzen (ecological ceilling). Im hellgrünen Bereich, zwischen dem sozialen Minimum und dem ökologischen Maximum liegt der sichere und gerechte Raum für die Menschheit (safe and just space for humanity). Er basiert auf einer Wirtschaft, die regenerativ und distributiv gestaltet ist.
Quelle: Doughnut Economics
Kate Raworth
veröffentlichte das Konzept der Doughnut-Ökonomie erstmals 2012 in einem
Oxfam-Bericht: "A safe and just space for humanity" . 2017 erschien ihr Buch „Doughnut Economics: Seven ways to think like a 21st
century economist“
(Deutsch: «Donut
Ökonomie: Endlich ein Wirtschaftssystem, das den Planeten nicht zerstört“). Es
wurde mittlerweile in über 20 Sprachen übersetzt und findet
international grossen Anklang. Das Doughnut Economics Action Lab DEAL unterstützt die Umsetzung in die Praxis.
Auch die Schweiz muss in den Donut
Während die Schweiz als reiches Land gilt, bietet sie längst nicht allen Bewohner:innen ein gutes Leben und unser Wohlstand geht zulasten von Menschen und Ökosystemen auf der ganzen Welt.
«Mehr als zwei Erden wären erforderlich, wenn alle wie die Schweizer Bevölkerung leben würden (…) Unser Konsum ist nur dank des Imports von natürlichen Ressourcen und der Übernutzung der globalen Güter (…) möglich. Wir leben somit auf Kosten künftiger Generationen und anderer Erdteile.»
Bundesamt für Statistik
Der Schweizer Donut im Jahr 2015 gemäss einer Untersuchung der University of Leeds (UK). Während die sozialen Grundbedürfnisse weitgehend abgedeckt scheinen, sind zentrale ökologische Grenzen bereits stark überschritten.