Es ist Juni, als wir im Kernteam - «Abteilung» Events - zum
ersten Mal zusammen kommen, um die diesjährigen Veranstaltungen für unsere
Donut-Community zu planen. Wir kommen zum Schluss: Drei sollen es sein, einer
bald, noch im Sommer, irgendwo vor Ort, ein weiterer sicher während der Global
Donut Days im November und einer noch zwischen drin, 16. Oktober würde passen,
online und über Mittag, wahrscheinlich. Ich melde mich für den Oktober-Event
als Verantwortliche, da ich im Sommer lange in den Ferien, und im November
anderweitig beschäftigt bin.
Die Organisation
Doch kurz vor meiner Abreise Anfang Juli kommen doch ein
paar Bedenken – ich habe nicht wirklich eine Idee, was genau dieser Event
überhaupt werden soll. Zum Glück gibt’s im Swiss Donut Network-Team schon
einige super Ideen, und bei einem Austausch mit Vorstandsmitglied Corinne
konkretisieren wir die Idee: ein Event – vielleicht sogar eine Event-Serie – soll es sein, mit
Fokus darauf, wie das komplexe Donut-Modell konkret angewendet werden kann. So
weit so gut. Mit dieser ersten Vision verabschiede ich mich erst einmal aus der Schweiz.
Meine Ferien lassen die Zeit dann auch ganz schön schnell verfliegen, und als ich Ende August wieder mal daran denke, realisiere ich, dass ich ausser einem guten Plan noch nichts vorzuweisen habe. Zu meinem grossen Glück hat Myriam vom Team den perfekten Tipp: das Greater Geneva City Portrait! Ein spannendes Beispiel dafür, wie der Donut in einer Schweizer Region konkret angewendet werden kann. Ich melde mich also per E-Mail bei der Verfasserin des Genfer Blogbeitrags auf der DEAL Website und hoffe das Beste. Zu meiner Freude antwortet Camille Gilloots vom Centre de compétences en Durabilité der Universität Lausanne – unsere vorgesehene Speakerin - prompt, ist begeistert und bereit, am 16. Oktober dabei zu sein. Mit gutem Gefühl lehne ich mich also wieder ein bisschen zurück.
Ende September, kaum aus den Ferien zurück, merke ich: Der Event steht praktisch vor der Tür – und wir haben ihn noch immer nicht angekündigt! Kurz diskutieren wir, ob wir verschieben, entscheiden uns dann aber, die Kommunikation sofort zu starten. Mathilde postet auf LinkedIn, Corinne informiert die Newsletter-Abonnent:innen, und schon trudeln die ersten Anmeldungen ein – juhui! Das Interesse übertrifft schnell meine Erwartungen, und obwohl die Vorfreude wächst, steigt auch die Nervosität, da ich die Moderation übernehme. Doch das Team unterstützt mich tatkräftig: Corinne gibt wertvolles Feedback zu meinem geplanten Monolog, Mathilde co-hostet mit mir den Zoom-Call, und die Teilnehmenden des Teams stehen mir – das ist sicher – bei der Fragerunde zur Seite.
Genfer Donut zum Z'mittag
Und dann ist es so weit, der 16. Oktober ist gekommen. Meine Nervosität stellt sich als völlig unnötig heraus – alles läuft wie am Schnürchen! Kameras und Mikrofone funktionieren, Camille's Präsentation gewährt spannende Einblicke und verweist auf hilfreiche Ressourcen und die Teilnehmenden sind engagiert und stellen fleissig Fragen. Es ist ein voller Erfolg!
Camille erzählt uns, wie die Uni Lausanne – in Zusammenarbeit mit der Uni Grenoble Alpes - das Mandat von der Grossregion Genf (inkl. Französische & Schweizerische Gebiete) erhielt, eine Strategie für den nachhaltigen Wandel der Region zu entwerfen. Es wurde entschieden, sich dafür auf das Modell des Donuts zu stützen. Dieses war jedoch nicht eins zu eins auf den lokalen Kontext übertragbar und es mussten erst die relevanten Aspekte gewählt und messbar gemacht werden. Schlussendlich waren es 14 ökologische und soziale Indikatoren, für die mit Hilfe von Expert:innen aus den jeweiligen Bereichen ein Zielwert für das Jahr 2050 festgelegt wurde und deren Zustand in der Region im Jahr 2020 erfasst werden sollte. Camille verweist auf ein praktisches Problem bei der Messung: nicht alle notwendigen Statistiken – z.B. der Verbrauch von Stickstoff (Dünger) – waren spezifisch für die Region oder für das Jahr 2020 vorhanden. Um die Position der Region auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit also bestimmen zu können, mussten teilweise nationale - oder nicht ganz aktuelle Daten hinzugezogen werden. Die Notwendigkeit für eine verbesserte Datenerfassung – etwa mithilfe von Citizen Science oder Crowdsourcing-Projekten – wird in diesem Zusammenhang später in der Fragerunde unterstrichen.
Insgesamt bietet der Genfer Donut ein recht ernüchterndes Bild. Zwar werden erfreulicherweise die sozialen Mindeststandards, wo messbar, bereits im Jahr 2020 recht gut erfüllt. Bei der Einhaltung der ökologischen Obergrenzen sieht es jedoch leider nicht so rosig aus. Um die gesetzen Ziele zu erreichen, müssten bis 2050 z.B. der Rohstoffverbrauch um 80% reduziert, und der CO2 Ausstoss halbiert werden. Das sind grosse Diskrepanzen, auch wenn sie nicht komplett überraschen.
An diesem Punkt endete das Mandat der UniL und Camille's direkte Beteiligung. Das Wissen, woran die Grossregion Genf arbeiten muss, um bis 2050 eine nachhaltige(re) Region zu sein, ist bereitgestellt. Jetzt müssen noch politische Strategien erarbeitet werden, um die identifizierten Problemstellen anzugehen. In Genf nimmt diese politische Strategie die Form der Charte Grand Genève en Transition an, in welcher die definiterten Ziele des Donuts manchmal mehr, manchmal weniger zur Geltung kommen. An dieser Stelle fragen sich einige Teilnehmende unseres Z'mittags, inwieweit man partizipative Formate, wo die Bevölkerung z.B. direkt in die Erarbeitung politischer Strategien eingebunden wird, bei solchen Prozessen integrieren kann bzw. soll. Schliesslich ist die politische Partizipation ein wichtiger Aspekt des gesellschaftlichen Fundaments des Donut-Modells.
Take-aways
Obwohl einem in Camilles Präsentation die (politischen) Herausforderungen für eine Transformation hin zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Schweiz wieder einmal bewusst werden, stimmt mich das grosse Interesse am Event und an der Thematik des «Donut» sehr hoffnungsvoll. Wer weiss, wenn wir es schaffen, die Idee des Donuts noch weiter zu verbreiten und als grosses Netzwerk so gut zu kollaborieren, wie wir es für die Organisation dieses kleinen Events getan haben, schaffen wir es vielleicht, Schritt für Schritt die nötigen Veränderungen anzustossen um den Donut so richtig ins Rollen zu bringen!
In diesem Sinne freue ich mich bereits darauf, im Rahmen des Swiss Donut Economics Networks bald weitere spannende Formate zu unterstützen!
Die Aufzeichnung von Camille's Präsentation gibt’s hier .